Wie ein Hannoveraner Gravitationswellen fand
Gravitationswellen
Gravitationswellen durchlaufen das Weltall mit Lichtgeschwindigkeit. Albert Einstein hatte ihre Existenz schon im Jahr 1915 mit seiner Relativitätstheorie vorhergesagt.
Er hielt den Effekt jedoch für so klein, dass man ihn sicher nie würde nachweisen können. Ein Irrtum. Ein Streifzug über hundert Jahre Forschung bis zum größten Coup der Physik in diesem Jahrtausend.
1916
Existenz von Gravitationswellen
Albert Einstein veröffentlicht einen Aufsatz mit dem Titel „Näherungsweise Integration der Feldgleichungen der Gravitation“. Darin sagt er erstmals die Existenz von Gravitationswellen voraus. Er leitet sie aus den Gleichungen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie ab, die er im Jahr 1915 veröffentlicht hatte.
1918
Neue Formeln
Albert Einstein stellt eine Formel für die Ausstrahlung von Gravitationswellen auf, die in der Wissenschaft bis heute nahezu unverändert als gültig betrachtet wird.
1936
Gibt es Gravitationswellen, oder nicht?
Einstein kommen Zweifel an der Gültigkeit seiner Theorie. Er schreibt mit seinem Mitarbeiter Nathan Rosen eine Arbeit, in der sie behaupten, die Existenz von Gravitationswellen zu widerlegen. Ein Gutachter findet einen Fehler in der Argumentation; die Arbeit wird schließlich mit ganz anderen Resultanten veröffentlicht. Zweifel bleiben, ob es Gravitationswellen gibt, oder nicht.
Einstein kommen Zweifel an der Gültigkeit seiner Theorie. Er schreibt mit seinem Mitarbeiter Nathan Rosen eine Arbeit, in der sie behaupten, die Existenz von Gravitationswellen zu widerlegen. Ein Gutachter findet einen Fehler in der Argumentation; die Arbeit wird schließlich mit ganz anderen Resultanten veröffentlicht. Zweifel bleiben, ob es Gravitationswellen gibt, oder nicht.
1957
„Sticky Bead“- Gedankenexperiment
In Chapel Hill, North Carolina, findet eine internationale Konferenz zu Einsteins Relativitätstheorie statt. Im Zentrum steht das berühmte „Sticky Bead“-Gedankenexperiment von Richard Feymann. Darin beschreibt der Physiker den Effekt einer Gravitationswelle auf ein Kügelchen, das sich auf einem Stock auf- und abbewegt und dabei durch Reibung Wärme erzeugt. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass Gravitationswellen existieren müssen.
1960
Der Physiker Joseph Weber unternimmt die ersten Versuche, die winzigen Effekte von Gravitationswellen nachzuweisen.
1969
Nachweis geglückt?
Weber verkündet, dass ihm der Nachweis von Gravitationswellen geglückt sei. Die Nachricht sorgt für großes Aufsehen und animiert Wissenschaftler aus aller Welt zu Nachfolgeexperimenten. Keiner dieser Versuche konnte Webers Entdeckung jedoch bestätigen.
1974
Indirekter Nachweis
Den beiden US-Astronomen Joseph Taylor und Russel Hulse gelingt ein indirekter Nachweis von Gravitationswellen: Ihnen fällt auf, dass sich die Umlaufzeit zweier Sterne extrem langsam, aber stetig verringert. Das System verliert also offensichtlich Energie. Die einzige Erklärung der Forscher für dieses Phänomen ist die Abstrahlung von Gravitationswellen.
1992
Forscher nehmen in den USA das LIGO-Observatorium (Laser-Interferometer-Gravitationswellen-Observatorium) in Betrieb. Die neue Technologie ist vier Mal empfindlicher als frühere Systeme. Dennoch scheitern die ersten Versuche, Gravitationswellen zu finden.
1993
Die US-Astronomen Taylor und Hulse erhalten für ihren indirekten Nachweis von Gravitationswellen den Nobelpreis für Physik.
2015
LIGO-Detektoren entdecken Gravitationswellen
Am 14. September 2015 fangen Forscher mit ihren Messgeräten im LIGO-Observatorium das entscheidende Signal aus dem All auf, 1,3 Milliarden Jahre alt. Zwei Schwarze Löcher sind miteinander verschmolzen. In der letzten Phase, kürzer als eine Sekunde, strahlte das gigantische Schwarze Loch derart starke Gravitationswellen aus, dass die LIGO-Detektoren sie auf der Erde entdecken konnten. Die Wissenschaftler beginnen mit der Auswertung der Daten.
2016
Eine wissenschaftliche Sensation
Die Wissenschaftler schließen die Datenauswertung ab. Jetzt sind sie sich sicher: Das Signal, das sie im Jahr 2015 mit den LIGO-Detektoren empfingen, stammt zu 99,99999 Prozent von Gravitationswellen. Eine wissenschaftliche Sensation.
2019
Signale aus 520 Millionen Lichtjahren
Das internationale Netzwerk der Gravitationswellen-Detektoren hat sein zweites Signal von verschmelzenden Neutronensternen beobachtet. Der LIGO-Livingston- und der Virgo-Detektor identifizierten das Signal mit der Bezeichnung GW190425 am 25. April 2019 als „hoch signifikantes Ereignis“. Das Signal kommt aus einer Entfernung von etwa 520 Millionen Lichtjahren, viermal weiter entfernt als die erste Gravitationswelle von einer Neutronensternverschmelzung im August 2017. Forscher des Albert-Einstein-Instituts in Hannover haben bei dieser Entdeckung Methoden zu Nachweis und Analyse des Signals beigetragen. Sie erstellten Modelle der Gravitationswellen, die von verschmelzenden Neutronensternen erwartet werden.
2020
Ein Signal wie keines zuvor
Die Erwartungen der Gravitationswellenforscher haben sich erfüllt: Gravitationswellen zu entdecken gehört inzwischen zu ihrer täglichen Arbeit. Aber jetzt haben sie ein Signal veröffentlicht, wie sie es noch nie zuvor gesehen haben: GW190412 zeigt erstmals, wie zwei Schwarze Löcher mit sehr unterschiedlichen Massen miteinander verschmelzen – ein kleineres Schwarzes Loch mit etwa der achtfachen Masse unserer Sonne wird von einem großen Schwarzen Loch mit etwa der 30-fachen Sonnenmasse verschlungen. Diese Beobachtung ermöglicht nicht nur genauere Messungen der astrophysikalischen Eigenschaften des Systems, sondern erlaubt es den LIGO-Virgo-Wissenschaftlern auch, eine bisher ungetestete Vorhersage der Einsteinschen Allgemeinen Relativitätstheorie zu bestätigen.